Software-Support ist eine Chance

Digitales Fahrzeug

Software-Support ist eine Chance

26. Januar 2024 agvs-upsa.ch – An modernen Automessen stellen nicht nur die Hersteller ihre neusten Modelle aus. Auch Unternehmen, die auf den ersten Blick nichts mit dem Automobil zu tun haben, sind präsent. Wir haben bei Daniel Knödler, Direktor globaler Vertrieb Automotive beim IT-Giganten IBM, nachgefragt, weshalb er an einer Automesse ist und wo er die Chancen für Garagen in Zukunft sieht. Mirco Baumann und Georg Gasser

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IBM ist ein wichtiger Partner für die Automobilindustrie  in der Herstellung ebenso wie im Unterhalt. Foto: IBM

Daniel Knödler, IBM ist für viele vielleicht ein unerwarteter Gast an einer Automesse wie der IAA. Was verbindet IBM mit dem Auto?
Daniel Knödler: Wir machen mit 24 der 25 Top OEM (Original Equipment Manufacturer, die Red.) signifikant Geschäfte. Wir sind in eigentlich allen Automobilunternehmen, auch den grossen Zulieferern, präsent und da in zahlreichen Prozessen – von der Entwicklung über die Produktion bis zum After- sales. Das sind nicht nur Software-, sondern auch Hardware-Lösungen. So ist zum Beispiel unser IBM-Mainframe involviert, um Ersatzschlüssel für Fahrzeuge zu generieren.

Und wo kommen Sie mit Garagistinnen und Garagisten in Berührung?
Auch hier haben wir Lösungen im Angebot in den Bereichen Ersatzteile oder Logistik. Esgeht aber auch sehr stark um den Endkunden wir sprechen hier von Customer Experience oder Connected Services. Das sind heute sehr wichtige Themen, die aber auch die Garagen und Autohäuser betreffen.

Was sind andere aktuelle Themen, die Sie beschäftigen?
Multi-Channel- und Omni-Channel-Vertrieb. Das heisst der gesamte, digital unterstützte Verkaufsprozess. Das heisst nicht, dass alle Berührungspunkte nur noch digital sein wer- den, aber es gibt in Zukunft keine Brüche mehr. Es gibt eine digitale Begleitung von dem Moment an, wo sich eine Kundin, ein Kunde Informationen im Internet über ein neues Auto-Modell holt und sagt: «Das interessiert mich.»

Ein Megatrend ist künstliche Intelligenz. Haben Sie Beispiele, wie dies Garagenbetriebe beeinflussen wird?
Die Personalisierung von Dienstleistungen und auch die «Buying Experience», also das Kauferlebnis. Dabei stellt sich für den einzelnen Betrieb die Frage, wie sehr man selbst in der Kundenakquise und -betreuung aktiv ist. Es ist möglich, von Kunden Profile zu erstellen, wenn sie die Website besuchen, und dadurch viel schneller auf deren Präferenzen einzugehen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz können also viel zielgerichteter Angebote erstellt werden. Kunden können ausserdem auf der Website der Unternehmen mit intelligenten Chatbots interagieren, die auf Basis von künstlicher Intelligenz eine ganz neue Qualität von Kundenfokus erlauben.

Kann künstliche Intelligenz auch im administrativen Bereich Entlastung bringen?
Hier sehe ich bei der Terminfindung viel Potenzial. Das läuft heute noch sehr klassisch per Telefon oder allenfalls E-Mail. Diese Aufgabe kann ein Chatbot erledigen. Dieser kann, gestützt von künstlicher Intelligenz, die richtigen Fragen stellen, um die Kundenanfrage einzuordnen. Aufgrund des bisherigen Wissens kann der Fehler im Fahrzeug womöglich bereits verortet werden. Oder es geht gar so weit, dass die vorhandenen Daten mit den Daten kombiniert werden, die direkt vom OEM über eine Plattform geteilt werden.

Um die Vernetzung der Autos und das autonome Fahren voranzutreiben, wird es 6G brauchen. Stimmt diese Behauptung?
Ich sehe das nicht als das grösste Problem. Die grosse Herausforderung für die OEMs liegt derzeit im Interface nach aussen. Das heisst, dass es im Fahrzeug nicht genug Kapazität in den Schnittstellen gibt, um alle relevanten Daten zu sammeln und nach draussen zurückzuspielen.
 



Daniel Knödler
Direktor globaler Vertrieb Automotive IBM


Autonomes Fahren ist ein Megatrend. Was aber sind die Herausforderungen, bis wir wirklich selbstfahrend unterwegs sein können?
Autonomes Fahren hat einen engen Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz. Wenn wir über autonome Fahrzeuge reden, dann müssen wir zum Beispiel auch über föderales Lernen, also Federated Learning, reden. Es wird ein Modell trainiert, das auf künstlicher Intelligenz basiert. Danach reagiert das Fahrzeug aufgrund der Signale und Informationen, die über Sensoren aufgenommen werden. Wie aber reagiert das Fahrzeug auf eine Situation, die nicht trainiert wurde? Die KI erkennt, dass es sich um etwas Neues handelt und versucht, darauf zu reagieren. Das System lernt, ob es eine gute Reaktion war und lernt dazu. Das Gelernte kann danach über intelligente Mechanismen so schnell wie möglich mit den anderen Fahrzeugen geteilt werden.

Aber nachgefragt: Reicht dafür der Netzstandard 5G?
Die grossen deutschen OEM wie auch andere Hersteller gehen davon aus, dass die Fahrzeuge noch mehr Sensoren brauchen, damit autonomes Fahren funktioniert. Es gibt einen OEM in den USA, der nur elektrische Fahrzeuge baut, der eine gegenteilige Philosophie verfolgt und davon ausgeht, dass insbesondere die Software verbessert, nicht die Anzahl Sensoren erhöht werden muss. Aber eben: Das Gros der Hersteller und Zulieferer, die auf diesem Feld tätig sind, sagt, die Autos «sehen» noch nicht genug.

Mehr Sensoren bedeuten aber auch mehr Daten…
Es ist natürlich so: Wenn jede Ampel, jedes Verkehrszeichen, jeder Mittelstreifen unterbrochen oder ausgezogenin Zukunft ein Signal sendet, kommt es schon sehr schnell zu Szenarien, bei denen die heutigen Bandbreiten nicht mehr ausreichen werden. Und wenn die Autos noch alle miteinander kommunizieren sollen, dann braucht es voraussichtlich schon erhöhte Standards mit deutlich höheren Transportkapazitäten für die Daten.

Die Kette ist nur so stark wie das schwächste Glied: Wo sehen Sie dieses in diesem Zusammenhang?
Einige Zukunftsszenarien von autonomem Fahren basieren darauf, dass es eine ständige Verbindung zwischen einem Backend, anderen Fahrzeugen, Infrastruktur und dritten Parteien gibt. Man muss aber natürlich insbesondere auch für den Fall gerüstet sein, wenn diese Verbindung abbricht. Die Philosophie Stand heute ist, dass deshalb die gesamte Intelligenz im Fahrzeug stecken soll und das Fahrzeug aus den empfangenen Signalen die richtige Reaktion zeigt und nicht von aussen gesteuert wird.

Wir haben darüber gesprochen, wie viel Software schon heute in einem Auto ist. Man könnte überspitzt von einem fahrenden Computer sprechen. Welche Auswirkungen sehen Sie dabei auf das Garagengeschäft? Die Software-Updates machen die Hersteller schon heute teilweise am Autohändler oder an den Werkstätten vorbei. Aber was mir beispielsweise aufgefallen ist, als ich meinen vorletzten Neuwagen in Empfang nahm: Niemand im Autohaus konnte mir erklären, wie die Head Unit im Detail funktioniert. Und als ich später Probleme hatte und der Bord- computer ständig abstürzte, habe ich weder im Autohaus noch direkt beim Hersteller jemanden gefunden, der mir helfen konnte. Deshalb stellt sich mir die Frage, weshalb es keinen «IT-Support» für vernetzte und digitale Fahrzeuge gibt so wie es zum Beispiel in Unternehmen einen Support für PCs oder andere technische Geräte gibt. So etwas liesse sich ja sehr gut aus der Ferne und grösseren Support Centers heraus erbringen.

Im Auto bringt die Digitalisierung viele Vorteile sei es im Entertainment-System oder auch bezüglich Sicherheit. Welche Nachteile sehen Sie? Software-Updates können zu einem Problem werden. Es wird Szenarien geben, dass eine Zulassungsbehörde in einem Land ein Update vorgibt und vorschreibt. Und wenn dieses nicht umgesetzt ist, müsste das Auto eigentlich stehen bleiben. So ist es heute schon in der Flugzeugindustrie. Was aber, wenn Sie mit dem Auto im Ausland sind und das Update wegen Datenschutz oder wegen Roaming nicht installiert werden kann? Wer ist in diesem Fall der Ansprechpartner? Bis man beim Hersteller jemanden erreicht, kann das länger dauern. Deshalb sehe ich hier durchaus Potenzial für Garagen, für den Kunden vor Ort einen guten Service bieten zu können. Eventuell auch in Zusammenarbeit mit anderen Betrieben.

Weitere Infos unter: ibm.ch
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